Besuch aus Japan – Ein Bericht von Herbert Stümpel

Im Frühjahr bat uns Dieter Reich (75, Konstrukteur von Ulf 1 und Ulf 2 und begeisteter Ulf-Flieger) einer japanischen Gruppe unsere Segelflugzeuge zu zeigen und möglichst auch vorzufliegen. Wir stimmten seiner Bitte gerne zu. Wir – das sind die Ulf 1-Flieger Norbert Menne (53) aus Paderborn-Elsen und die Brüder Herbert (55) und Josef (64) Stümpel aus Nordborchen bei Paderborn. Am Abend des 1.6.2012 reiste eine Gruppe von fünf Ultraleicht-Segelflug –begeisterten Japaner an und nahm Quartier im Hotel Amedieck in Nordborchen.

Im Vorfeld stellten sich die Japaner vor als:

  • Taketoshi Shiraishi (71, träumt seit seiner Jugend vom Flugzeugbau)
  • Yamaguchi Noriyuki (71, erfahrener Segelflieger)
  • Harasaki Masami (37, aktiver Segelflieger während seiner Studienzeit)
  • Katsuki Tsuneo (72, Interesse am Gebrüder Wright Flyer Replik Bauvorhaben)
  • Matsuoka Toshio (72, Interesse am Maschinenbau)

Bis auf Herr Toshio, der aus Matsuyama kommt, leben alle Anderen in der süd-japanischen Großstadt Fukuoka.

Am folgenden Morgen holte ich Dieter vom Flugplatz Paderborn-Lippstadt ab. Wir trafen uns anschließend alle am Hotel Amedick zur Begrüßung und Planung der nächsten beiden Tage. Ausgerechnet an diesem Samstag meinte es Petrus (der sicherlich ein Ulf1-Flieger ist oder zumindestens von dieser Sportart begeistert sein muss) gut mit uns. Inmitten einer regnerischen Periode war für diesen Tag gutes Segelflugwetter gemeldet und tatsächlich hielt sich das Wetter auch daran. Wir – unsere fünf Gäste, Dieter, Norbert, Josef und ich – fuhren zu unserer „Flugzeuglagerstätte“, einer großen Halle unseres Onkels Josef Schäfers, wo wir derzeit zwei Ulfe, unsere Seilwinde und unser neuestes Projekt (eine Koala FP 202) aufbewahren. Die Koala, mit der wir in die neue 120kg-Klasse hineinwollen, wurde von unseren Gästen interessiert begutachtet und fotografiert.

Dann machten wir uns mit zwei Ulfen und der Seilwinde gemeinsam auf zum Segelflugplatz Brilon, der etwa 35 km von uns entfernt im Sauerland liegt. Am dortigen Flugplatz fand ausgerechnet an diesem Tag das Sauerland-Segelflug-Pokalfliegen statt, sodass wir erst einmal Zeit zu einem Mittagessen im Flugplatzrestaurant hatten. Hier kamen wir zur Ruhe, aßen Schnitzel mit Pommes frites, tranken Kaffee und stellten dabei fest, dass die Kommunikation mit unseren japanischen Gästen nicht so einfach war. Ein gutes Englisch und ein gebrochenes Deutsch beherrschte Herr Yamaguchi Noriyuki, der im Weiteren häufig für seine Gruppe sprach. Fotos wurden gemacht, und es fanden auch die ersten Fachsimpeleien statt.

Um 13 Uhr waren wir dann mit unseren Ulfen an der Reihe. Norbert baute die Winde auf, die Anderen fuhren zum Segelflugstart 25 und bauten Josefs und meinen Ulf auf. Die ersten beiden Starts machte Josef. Thermisch sah es nicht so gut aus, er flog jeweils nur etwa fünf Minuten, konnte hierbei allerdings zwei schöne Starts und Landungen vorführen. Bei meinem eigenen Flug begann es mit einem Seilriss – unschön, aber Josef weiß endlich, wie man das Schleppseil repariert. Mit dem Restseil kam ich schließlich auch in die Luft, aber fand ebenfalls keine brauchbare Thermik – also eine Start-Lande-Vorführung. Mit dem neuen Seilpaar machten Josef und ich noch jeweils einen Start, wobei ich diesmal den Anschluss schaffte und etwa 20 Minuten fliegen konnte. Josef machte wiederum eine S-L-Vorführung. Nach einer langen Landung beendeten wir unsere Flugvorführung, die unsere japanischen Gäste mit sichtlicher Begeisterung filmten. Anschließend nahmen sie alle einmal Platz in Josefs Ulf und ließen sich dabei fotografieren. Während wir weiter fachsimpelten, wurden die Geräte abgebaut.

Dann fuhren wir zurück nach Nordborchen, lagerten unsere Geräte wieder bei Onkel Josef ein und trafen uns dann beim „Italiener“ um die Ecke zum Abendessen und zum Ausklingen des Tages. Zu unserer Überraschung kamen unsere japanischen Freunde mit einer Menge Geschenke zum Restaurant – reichlich Reiswein, unglaubliche sechs Liter in Flaschen und Tüten abgepackt – Wie kommt man mit so etwas in einen Flieger? Jeder von uns Gastgebern besitzt jetzt traditionelle japanische Schlappen und vieles Nützliche mehr. Nach einigen Gläsern Wein und Bier, typisch italienischen Nudelgerichten und unerwartet kernigen Sprüchen von Yamaguchi Noriyuki – natürlich in Deutsch – endete dieser schöne Tag.

Am Sonntagmorgen, es regnete wie aus Eimern, trafen wir uns beim Hotel und fuhren dann gemeinsam zum Flugplatz Paderborn-Haxterberg. Hier hatten unse-re Besucher viele Fragen an den Konstrukteur des Ulfes Dieter in bezug auf die Baupläne. Herr Taketoshi Shiraishi besitzt diese bereits und hat offensichtlich schon Teile des Flugzeuges angefertigt – so haben wir es jedenfalls verstanden. Er und seine vier Begleiter beabsichtigen in Japan einen Ultraleicht-Segelflug-Verein zu gründen.

Nach einem reichhaltigen Mittagessen im Flugplatzrestaurant „Wolke 7“ – es gab wieder Schnitzel mit Fritten u.a. als Lindbergh-Teller – wurden die technischen Gespräche fortgeführt. Dieter beschenkte uns alle mit einer DVD über histo-risches Filmmaterial zum ULF 1, dieser Film wurde auch gleich in der Gemein-schaft vorgeführt.

Zum Ausklang unseres Treffens besuchten wir den Ausstellungsraum und die Werkstatt des neuen Quacks-Hangers am Flugplatz Paderborn-Lippstadt. Hier konnten wir etwa 10 historische Flugzeuge bestaunen, die von einem Oldtimer-Verein in liebevoller Arbeit restauriert wurden und hier am Flugplatz auch geflogen werden. Nach einem abschließenden Kaffeetrinken im dortigen Restaurant brachten wir Dieter zu seinem Flieger nach München. Unsere fünf Japaner, Josef und ich (Norbert war schon früher gegangen.) fuhren zurück nach Nordborchen und wir verabschiedeten uns herzlich voneinander.

Hier ein paar Impressionen:

Kurz:
Zwei wunderbare Tage, an denen sich Gleichgesinnte getroffen haben, eine schöne Zeit hatten, Freunde wurden und sich vielleicht einmal wiedersehen – am Fujiyama?